Dienstag, Oktober 30, 2007

Short Notes

Another Loss
Bielefeld-University. Today I've left another important thing behind - a widget which allows me to keep my internal organs in running order: my thermosbottle until the afternoon filled with refreshing white tea eventually emptied during a class about EU-policies in foreign affairs. This loss just adds another link to an apparently neverending chain of losses. There's two options in detecting my property: either room V2-200 where the class was or university radio Hertz 87,9 where I spent the commencing evening. Actually, there's another option: ikea, ground floor, housewares, "Hälsa", 4,90 Euro.

Pronunciation
Bielefeld-University/Center. Mumbling and nearly sleeping I discovered yesterday around midnight that my tongue starts to flutter when my mouth forms the word "perro". My pronunciation training seems to pay off. Evening after evening I tried to vocalize what I call "the Spanish r". Lately I've found a book with helpful hints: "Sprechtechnisches Übungsbuch" by Vera Balser Eberle, available at my university library (yes, I know, the library isn't de facto mine). Eberle (1976) gave me an idea of how to move my tongue while trying to talk Spanish (though I lack a sufficient vocabulary): "Die Zungenspitze wird dünn hinter die oberen Schneidezähne eführt, wo sie aber nicht ruhig verharrt, sondern mittels des durchziehenden Luftstromes in Vibration versetzt wird" (p. 55). She recommends the technique of the famous French actor François-Joseph Talma: The learner says first slowly and then with an increasing pace "t-d-t-d-t-d-t-d-t-d-t" with a stress on the "t". Then he repeats several times the word-combination "dé-tavail" to add subsequently the "r" - like that: "dé-tavail, dé-tavail, dé-tavail - - - - travail". Et voilà. Another simple way to get a feeling for the right tongue move: Put a biro in your mouth, under the tongue and recite that (advise of my teacher).

Geistesnahrung
Bielefeld-Center. I just have started to prepare an oral exam on "Communities of Practice" - a topic which I encountered especially during my stay in Roskilde. Etienne Wenger, Richard McDermott and William M. Snyder wrote a generally intelligible book on these "groups of people who share a concern, a set of problems, or a passion about a topic, and who deepen their understanding and knowledge of this area by interacting on an ongoing basis" (p. 3 of the draft of that book) and describe communities of practice as a phenomenon of human learning which consists of learners approaching a group of proprietors of knowledge including that these "newcomers" adds new knowledge to such a community of practice. Most of the chapters of the book "Cultivating Communities of Practice: a Guide to Managing Knowledge" are to be found on the internet: go here and there (second link).

Montag, Oktober 29, 2007

Kurz notiert

Schlange
Bielefeld-Mitte. Als ich am heutigen Montag gegen 17 Uhr mit meinem Fahrrad die Wertherstraße in Bielefeld befuhr, hupte es von hinten. Das lag daran, dass die Wertherstraße über eine lange Strecke keinen Radweg hat. Mir macht das nichts, wohl auch nicht dem Autofahrer hinter mir. Nur einer in der Kolonne dahinter meinte, das als Warnsignal vorgesehene Gehupe als Gruß an die Langsamen vor ihm einsetzen zu müssen. Ich lenkte ein, um von einem Parkstreifen aus die Feierabendkameraden an mir vorbeibrummen zu sehen.

Leuchte
Bielefeld-Universität. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Taschenlampe, die heute noch am Steuer montiert als Frontlicht für mein Fahrrad eingesetzt worden ist, in der vergangenen Woche einen Menschen in dem schlecht beleuchtenen Gang vor einem Dozentenbüro in der Bielefelder Universität irritiert. Offenbar willkürlich geriet das Gesicht des Menschen für mehrere Sekunden in den Lichtkegel der Leuchte, um sich darauf zu verzerren. Die angestrahlte Person äußerte Unverständnis bezüglich der Beleuchtung. Ungehalten bat sie den Inhaber der Lampe um einen Grund für das ungewollte offerierte Lichtbad. Doch der blieb eine stichhaltige Antwort schuldig.

Beinahe verscheucht
Bielefeld-Universität. Mit Unverständnis reagiert hat ein Dozent auf ein Gespräch, das ich zeitgleich zu seiner Veranstaltung und flüsternd mit einer Kommilitonin geführt habe. Thema des Gespräches war die Länge der Absätze seiner Tageslichtprojektion. Die Absätze, die nicht von ihm, sondern Bürokraten verfasst wurden, bestanden aus jeweils einem einzigen Satz, zogen sich über zig Zeilen hin und waren richtig lang. Ich sagte noch: "Toll. Die Sätze sind lang, aber dennoch verständlich. Wie bei Heinrich Heine." Inhaltlich mag die Anmerkung knapp am eigentlichen Thema vorbeigeschrammt sein - den Dozenten forderte sie zu der Feststellung heraus, dass, wer seine Vorträge mit Gerede störe, gehen solle. Er sei bekannt dafür, Störer aus Seminaren hinauszuwerfen. Ich blieb, meine Kommilitonin auch. Meine Sympathie für sein Seminar transformierte sich in Widerwillen. Schade.

Freitag, Oktober 19, 2007

Omas Konfitüre ist die Beste

Fortsetzung von Episode 1|2|3

Jimmy und ich hatten den Eindruck, wir seien Jahre durch den deutschen Süden gezogen. Die Fahrt an die wenig bewachte Grenze zum Süden mochte schleunig gewesen sein, doch unser Esel - gewöhnt an den Staub und die Schwüle des norddeutschen Ödlands - brauchte schließlich Monate, um den Weg über Wiesbaden nach Würzburg, Herzogenaurach, Reutlingen, Freiburg, Bad Wurzbach, Ingolstadt und nach Bad Griesbach zu finden. Berge, Berge und Anhöhen, das nasse Gras, das ihn immer wieder ausrutschten ließ, machten dem Schlepptier vor unserem Karren zu schaffen.

Während der Kundgebungen bei unserer Passage der Grenze, die den Norden vom Süden trennte, hatte Jimmy dem Esel seinen Cowboyhut über die Ohren gestülpt und ihm sein Rambostirnband über die Augen gezogen. Er sollte nicht vom Lärm der demonstrierenden Massen irritiert werden, auch hätte ihn das farbenprächtige Gewusel nur irritiert. Seitdem trottete der Esel weniger energisch. Tatsächlich schlug es ihn immer wieder auf die Straße.

"Guckt mal Johnny", sagte Jimmy, "das Viech ist ganz verbeult."
Ich: "Stimmt."
Jimmy stieg aus und bearbeitete den Esel mit einem Notfallhammer, den eine Demonstrantin ihm bei der Kundgebung aus Ehrbezeugung an den Kopf geworfen hatte. Jimmy hütete ihn seitdem wie einen Schatz. Seine Vorbesitzerin hatte es meinem Bruder angetan. Mit ihren 1,90 Meter stak sie aus der Menge heraus. Sie hatte die schönsten rotblonden Haare, die er je gesehen hatte - sagte Jimmy ständig - und wenn er erzählte, kamen seine Zuhörer (der Esel und ich) nicht umhin, zu glauben, sie sei die beste Hammerwerferin der Welt - zumindest mir ging es so, für den Esel kann ich nicht sprechen, auch weil Jimmy ihn mit seinem unprofessionellen Gehämmere so weit hergerichtet hatte, dass es eher einer Hinrichtung glich. Der Esel war für unsere Zwecke nicht mehr zu gebrauchen.

"Was machen wir jetzt mit ihm?", fragte Jimmy.
"Ich weiß nicht. Du hast ihn kaputt gemacht. Überlegt Du Dir was. Hier können wir ihn jedenfalls nicht lassen", sagte ich.
"Warum nicht?", fragte Jimmy.
"Weil..., weil er fremd hier in der Gegend ist und sich hier nicht auskennt", sagte ich.
"Dann legen wir ihn auf den Karren und erweisen ihm einen letzten Dienst", sagte Jimmy.

Und das taten wir. Stunden darauf wuchteten wir noch auf der Bundesstraße 137 an dem Karren. Dann waren wir in Wels. Es knackte im Buschwerk neben uns.
Jimmy: "Hast du das gehört?"
Der Esel antwortete nicht.
"Ich hab dich gefragt", sagte Jimmy.
"Ah", sagte ich, "Ja. Das ist sicherlich nichts Bedrohliches für gesetzestreue Bürger."
Doch wir als Outlaws in der Fremde waren keine gesetzestreuen Bürger mehr, und außerdem hatten wir einen Esel verbeult, fiel mir eine Sekunde später ein, als der Trupp der österreichischen Grenzpolizei ein Fangnetz über uns warf.

[Fortsetzung geplant]

Sonntag, Oktober 07, 2007

Rätselspaß mit Egon Krenz

Tagesschau, 9. November 1989: "Eine Stunde hatte sich heute Egon Krenz von der ZK-Sitzung entfernt, um mit Ministerpräsident Johannes Rau zusammenzutreffen." Der Staatsratsvorsitzende der DDR und der nordrheinwestfälische Ministerpräsident laufen durchs Bild.
Aha! Sie wollen den Tag, der sich als denkwürdig abzuzeichnen beginnt, offenbar für eine Buchpräsentation nutzen: Krenz trägt einen dicken blauen Schmöker im Arm. Um den Spannungsgrad ins nicht mehr Messbare zu erhöhen, drückt er seinen Daumen auf das erste Drittel des einwortigen Buchtitels. "tzeichen" bleibt über, und alle Tagesschauzuschauer rätseln.

"Schriftzeichen", ruft die Mama aus.
"Nee, Mutter", sagt Vater. "Das ist zu lang. So einen dicken Daumen hat der Krenz nicht."
"Was'n mit Sportabtzeichen?", sagt Sohn Kalle, sechs Jahre. Er spielt mit seiner Zwei-Farb-Taschenlampe, die er zur Einschulung bekommen hat. Gerade strahlt sein Gesicht rot.
"Zu religiös", sagt Vater. "Obwohl, vielleicht nimmt die DDR ja die Montagsdemonstranten aus den Kirchen ein bisschen ernster und fährt einen Annäherungskurs. Nur, der Daumen ..."
"Du redest ja schon wie ein Politiker, Vater", sagt Mama. "Fehlt nur noch, dass du jetzt von Appeasement-Politik anfängst."
"Das wäre zu weit gegriffen", sagt Vater. "Ich halte das eher für einen Harmonisierungskurs."
"Das Buch, das Buch!", ruft Kalle.
Großmutter kommt in Bewegung. Kalle hatte ihr gerade noch wie zum Abschied über den Kopf gestreichelt, weil ihr Atem flau geworden war. Jetzt raschelte ihr Strickzeug zu Boden, und sie sagte mit knorriger Stimme: "Zeitzeichen."
"Oma, du weißt doch gar nicht, worum es geht. Du hast doch gerade noch geschlafen, Oma!", sagt Papa.
Großmutter rüttelt ihren Kopf. "Ich hatte einen Wahrtraum. In 18 Jahren wird ein Buch mit dem Titel Zeitzeichen erscheinen, das Spionageabwehr und Aufklärung zum Thema hat."
Mama meldet sich zu Wort. "Komm Mama", sagt sie zu ihrer Mutter, "leg dich man besser wieder schlafen. Was soll denn der Herr Krenz mit Spionen zu tun haben?!"
Großmutter grummelt.
"Satzzeichen", platzt es aus Kalle heraus.
"Da fehlt ein T vor dem Z", sagt Vater. "Und meinst du, der Staatsratsvorsitzende der DDR will uns was über Grammatik beibringen?"
"Vielleicht hat Kalle ja doch Recht, und Herr Krenz hat sich in der ZK-Konferenz gelangweilt", sagt Mama. "Er hat Kreuzworträtsel gelöst und dafür brauchte er das Buch, oder so."
Kalle schaltet von rot auf grün. Dann leuchtet seine Taschenlampe weiß, und der Strahl fährt seinem Papa über die Augen.
"Hör doch mal auf mit der verdamm...", sagt Papa. Er hält inne. "Natürlich. Ich weiß es. Das Buch heißt Lichtzeichen."
"Warum?", fragt Kalle.
"Ist doch klar. Die DDR will jetzt die bestimmt die Grenzabfertigung mit modernen Ampeln regeln. Und jetzt hat sich Egon Krenz bei dem Rau Tipps geholt, wie die Leute in Nordrhein-Westfalen die Grenzabfertigung mit den Holländern machen. Und dann haben sie ein Buch geschrieben."
"So ein dickes Buch und so schnell?", sagt Mama.
"Wahrscheinlich ist das eine riesige Bauanleitung. Die haben die irgendwo abgeschrieben. Einfach abkopiert. Naja, und dann hat das Zentralkommitee natürlich auch ein paar rechtliche Paragraphen da mit aufgenommen", sagt Vater.

Während sich in Berlin erste DDR-Bürger aufmachen zur Bornholmer Brücke, springt Kalle auf, lässt aus seiner Taschenlampe schnell pausenlos rot, grün und weiß flackern und jubelt: "Vati hat das Rätsel rausgekriegt." Der Sohn tanzt, die Mutter klatscht. Großmutter liegt breit im Sessel in der Stubenecke. "Alles Banausen", murmelt sie. "Zeit", sie schluckt, "Zeichen." Und Großmutter atmet allmählich aus.
"So, Söhnchen", ruft Vater von hinten. "Ab ins Bett. Und Taschenlampe her."

Bildquelle: Tagesschau vom 9.11.1989/ Youtube

Zur Sache:
An der Bornholmer Straße
Egon Krenz heute gut gelaunt
Ex-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski redet über den 9. November und DDR-Bürger, die sich am Abend aufgeregt an die Türen klopfen, um zur Grenze zu fahren
Das Auswärtige Amt über den 9. November
DDR-Protestmärsche und Grenzöffnung bei der Tagesschau
Der 10. November 1989 aus Sicht von Götz Förster und Anett Wundrak
DDR-Innenminister Friedrich Dickel liest viel vor

Montag, Oktober 01, 2007

Zum Gebrauch von Hunden im Straßenverkehr

"Hier Walt... äh Herr Wartborg. Da haben Sie den Racker. Bei Ihnen findet er zum Glück endlich ein gutes Zuhause." Michael Mehlfuß reichte dem 80-Jährigen die Leine zu dem putzigen West Highland White Terrier. Seit einem halben Jahr kam Walther Wartborg jede Woche ins Tierheim, um einen Hund auszuwählen. Meist nahm er die weniger schnuckeligen, die an einigen Stellen schon beschädigt waren - oder alt. "Schön muss er nicht sein, aber handlich", pflegte der alte Mann immer zu grunzen, wenn Michael fragte, warum er denn den Windhund oder den Bernhardiner nicht wollte. Das Fell des Schoßhündchens, das Walther sich diesmal geben ließ, hatte sich über die Jahre von samt nach struppig abgenutzt. Außerdem fehlte dem Hund ein Bein.

Inzwischen musste Walther fast schon ein eigenes Tierheim in seiner Wohnung haben. "Walther", dachte Michael. Am liebsten wollte er den Rentner duzen. "Wer Tiere mag, mag auch Menschen", hatte er sich beim letzten Versuch gedacht, ihm das Du unterzuschieben. Aber Walther Wartborg blieb reserviert. Schweigend unterschrieb er die Abholpapiere und schleppte sich, den Hund hinter sich herziehend, durch die Tierheimtür.

"So sehen Helden des Alltags aus", dachte sich Michael. "Die machen nicht viel Aufhebens und helfen." Irgendwann rief er bei der Lokalzeitung an, um Walther zu empfehlen. Am Montag darauf knallte Walthers schwere Faust auf den Tisch, an dem Michael gerade mit den ehrenamtlichen Helfern des Tierheims Kaffee trank. "Nicht machen!", sagte Walther, und Michael wusste genau, was er meinte.

Noch ein halber Kilometer, dann war er bei seiner Wohnung. Bei jedem Schritt krachten seine Füße auf das Pflaster, so als wollte er durch den Bürgersteig ins darunterliegende Erdreich treten. Der Terrier war umgefallen und schaute schuldbewusst zu Walther nach oben. Er zog den Terrier auf seinen Arm und sicherte ihn mit dem Ellbogen. Seine Frau Erna war auch immer langsamer gewesen als er. Obwohl er es war, der die Athritis im Knie hatte. Sie lief immer so zwei Meter hinter ihm, die Augen nur auf ihn geheftet, um ihn nicht zu verlieren. Bis auf einmal kam sie immer heile rüber.

Vor einem halben Jahr hatte Walther seine Erna zum Essen in die Uni-Mensa eingeladen. Es war ihr Hochzeitstag, als Walther noch so eben die Grünphase an der Fußgängerampel vor der Uni ausnutzte. Erna hatte wieder nur Augen für ihren Walther, der ihr davonlief. Die Augen des jungen Mannes im Fiat klebten an dem Chihuahua, der vom Nebensitz vor die Bremse im Fußraum gehüpft war. Nicht angeschnallt, der Hund. War auch viel zu klein dafür, dachte Walther.

Er kam mit seinem West Highland White Terrier an der Ampel an. Es war grün für Fußgänger. Walter ging nicht. Er wartete. Nach einer Stunde war der Student da. Er hatte noch Verband um den Kopf. Walther brachte den Hund mit einem Stich in dessen Bauchgegend zum Knurren. Der Student guckte hinüber. Bleiches Gesicht. Er machte gar nicht erst Anstalten, wegzulaufen. Walther holte aus. Der Hund flog von der roten Fußgängerampel zu der gegenüber. Die Wucht hatte den Studenten auf das Pflaster geschlagen. Der Terrier lag reglos auf seinem Gesicht. Walther drückte ihn mit seinem Fuß beiseite. "Ich weiß", brachte der Student durch seine blutenden Lippen hervor und drehte müde seinen Kopf weg.

Nachdem Erna auf der Kühlerhaube aufgekommen war, hatte sie sich einmal in der Luft gedreht. Fast wie eine Ballerina, nur senkrecht. Als der Student mit dem Chihuahua auf dem Arm aus seiner Autotür kam und herausstieß: "Mein Gott, zum Glück ist Ihnen nichts passiert", hob Walther seinen Arm und zeigte auf seine Frau hinter dem Fiat. Mit auf dem Rücken verschränkten Arm lag sie da auf der Kreuzung. Ihr anderer Arm zeigte nach vorne zeigte, als wollte sie nach etwas greifen. Walther riss den Hund aus den Händen des Studenten und holte zum ersten Wurf aus.