Freitag, Oktober 19, 2007

Omas Konfitüre ist die Beste

Fortsetzung von Episode 1|2|3

Jimmy und ich hatten den Eindruck, wir seien Jahre durch den deutschen Süden gezogen. Die Fahrt an die wenig bewachte Grenze zum Süden mochte schleunig gewesen sein, doch unser Esel - gewöhnt an den Staub und die Schwüle des norddeutschen Ödlands - brauchte schließlich Monate, um den Weg über Wiesbaden nach Würzburg, Herzogenaurach, Reutlingen, Freiburg, Bad Wurzbach, Ingolstadt und nach Bad Griesbach zu finden. Berge, Berge und Anhöhen, das nasse Gras, das ihn immer wieder ausrutschten ließ, machten dem Schlepptier vor unserem Karren zu schaffen.

Während der Kundgebungen bei unserer Passage der Grenze, die den Norden vom Süden trennte, hatte Jimmy dem Esel seinen Cowboyhut über die Ohren gestülpt und ihm sein Rambostirnband über die Augen gezogen. Er sollte nicht vom Lärm der demonstrierenden Massen irritiert werden, auch hätte ihn das farbenprächtige Gewusel nur irritiert. Seitdem trottete der Esel weniger energisch. Tatsächlich schlug es ihn immer wieder auf die Straße.

"Guckt mal Johnny", sagte Jimmy, "das Viech ist ganz verbeult."
Ich: "Stimmt."
Jimmy stieg aus und bearbeitete den Esel mit einem Notfallhammer, den eine Demonstrantin ihm bei der Kundgebung aus Ehrbezeugung an den Kopf geworfen hatte. Jimmy hütete ihn seitdem wie einen Schatz. Seine Vorbesitzerin hatte es meinem Bruder angetan. Mit ihren 1,90 Meter stak sie aus der Menge heraus. Sie hatte die schönsten rotblonden Haare, die er je gesehen hatte - sagte Jimmy ständig - und wenn er erzählte, kamen seine Zuhörer (der Esel und ich) nicht umhin, zu glauben, sie sei die beste Hammerwerferin der Welt - zumindest mir ging es so, für den Esel kann ich nicht sprechen, auch weil Jimmy ihn mit seinem unprofessionellen Gehämmere so weit hergerichtet hatte, dass es eher einer Hinrichtung glich. Der Esel war für unsere Zwecke nicht mehr zu gebrauchen.

"Was machen wir jetzt mit ihm?", fragte Jimmy.
"Ich weiß nicht. Du hast ihn kaputt gemacht. Überlegt Du Dir was. Hier können wir ihn jedenfalls nicht lassen", sagte ich.
"Warum nicht?", fragte Jimmy.
"Weil..., weil er fremd hier in der Gegend ist und sich hier nicht auskennt", sagte ich.
"Dann legen wir ihn auf den Karren und erweisen ihm einen letzten Dienst", sagte Jimmy.

Und das taten wir. Stunden darauf wuchteten wir noch auf der Bundesstraße 137 an dem Karren. Dann waren wir in Wels. Es knackte im Buschwerk neben uns.
Jimmy: "Hast du das gehört?"
Der Esel antwortete nicht.
"Ich hab dich gefragt", sagte Jimmy.
"Ah", sagte ich, "Ja. Das ist sicherlich nichts Bedrohliches für gesetzestreue Bürger."
Doch wir als Outlaws in der Fremde waren keine gesetzestreuen Bürger mehr, und außerdem hatten wir einen Esel verbeult, fiel mir eine Sekunde später ein, als der Trupp der österreichischen Grenzpolizei ein Fangnetz über uns warf.

[Fortsetzung geplant]

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