Willem (2)
[Fortsetzung von da]
Ein Trecker näherte sich mir lautstark in einer Qualmwolke. Ich stieg aus dem Auto und winkte. “Auto – Graben – reingeschleudert”, sagte ich dem Mann im Führerhäuschen. Er strich sich über den Bart. “Hm”, machte er und holte eine Kette unter seinem Sitz hervor. Fünf Minuten später hatte er mein Auto herausgezogen, und er stopfte schweigsam seine Pfeife. “Danke”, sagte ich. “Hm”, machte er. “Wo geht es denn hier in den nächsten Ort”, fragte ich. Er zeigte rechts die Straße hoch.
Ich setzte mich ins Auto, startete den Motor und hörte den scheppernden Auspuff, der nun über die Straße schliff. Meinen Termin konnte ich vergessen. Ich musste in eine Werkstatt. Im Radio sprach eine raue Männerstimme eine Art Liebeserklärung: “Liebe Alma. Vor mir liegen in all ihrer Herrlichkeit die vollen Rapsfelder. Sie leuchten wie die Sonne. Heute ist der Tag der Ernte. Der laue Wind legt sich über mein Gesicht. Ich wünschte, ich hätte Dich an meiner Seite. Dich, meinen Stern.”
Kitschig, total das Dorfradio. Wahrscheinlich haben die auch eine Grußsendung, in der Alteneimbewohner ihre Zimmernachbarn grüßen und Ehemänner am 50. Hochzeitstag ins Telefon rotzen, sie würden ihre Alte noch lieben wie am ersten Tag auf dem Schützenfest.
Als ich nach einer Viertelstunde im Kriechtempo meinen Auspuff durch den Ortseingang zog, sah ich rechts ein Hinweisschild für eine Meisterwerkstatt. Ich parkte den BMW und fand den Meister mit einem Kaffee in der Hand. Im Radio schloss der Sprecher gerade seine Erklärung ab: “Alma. Jetzt zieht ein Wäldchen an mir vorüber. Das satte Grün macht mir Appetit. Wie schön wäre es, einen frischen Salat mit Dir zu essen. Aber das geht ja nicht mehr.”
“Ich stehe auf die Landschaftsbeschreibungen von dem Kerl”, sagte der Mechaniker. “Ich bin ja den ganzen Tag in der Werkstatt. Da sieht man kaum Tageslicht.”
“Ich bin fremd hier”, sagte ich. “Was ist das für ein Radiosender?”.
“Och, das ist Radio Willem. Ein Mann, ein Radio sag ich immer. Ist auch der einzige Sender, den wir hier haben. Wir sind ja ziemlich von der Außenwelt abgeschnitten. Gibt ja kaum Radio hier, und meinen Telefonanschluss sollte ich schon letztes Jahr bekommen.”
Ich wechselte das Thema: “Mein Auto ist kaputt.” Ich zeigte auf den BMW. “Auspuff”, erklärte ich.
“Och, das dauert aber zwei, drei Tage. Ich muss meinen Neffen in die Stadt schicken, damit er die Teile besorgt. Kann ich erst morgen machen.”
Ich resignierte: “Gibt es hier irgendwo ein Zimmer zu mieten?”
“Gehen Sie zu Frau Wendelmann.”
[Fortsetzung kommt]
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