Willem (3)
[Fortsetzung von hier und dort]
Frau Wendelmann saß 50 Meter weiter in ihrer Küche und schälte Kartoffeln. Radio Willem gab Bauernregeln zum Besten, als ich in ihre Wohnung eintrat: “Wenn im August viele Goldkäfer laufen, braucht der Wirt den Wein nicht zu taufen”, sagte er. “Im Juli will der Bauer lieber schwitzen als untätig hinterm Ofen sitzen.” Und der Klassiker: “Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, kräht er auf dem Hühnerhaus, hält das Wetter die Woche aus.” Er erzählte etwas von einem Hochdruckgebiet über dem Ostatlantik und Cumulus-Wolken.
“Mein Lieblingsspruch ist der mit dem Hahn”, sagte Frau Wendelmann. “Radio Willem kennt gut 50 Sprüche. Ich versuche jeden Tag zu raten, welchen Spruch er diesmal bringt. Sein Wetterbericht ist auf jeden Fall besser als der aus der Zeitung. Aber die ist ja auch immer vom Vortag.” Ich bat um ein Zimmer. Sie führte mich zu einer Matratze, die unten im Keller lag. “Was Besseres werden Sie hier im Ort nicht finden”, versprach sie mir. Ich glaubte ihr. Die anderen Häuser sahen noch schäbiger aus als ihres. Ich fragte nach einer Telefonzelle. Den Termin im Labor konnte ich ja an den Tag nicht mehr schaffen. Ich musste da anrufen und bei meinem Chef. “Geradeaus und dann hinten links bei der alten Scheune”, sagte sie.
Draußen schien ich der einzige Mensch auf der Straße zu sein. “Wahrscheinlich sitzen die alle in ihren Häusern und hören Radio”, dachte ich. Und dann flog ich auf die Fresse. Jemand hatte Stolperdraht über den löchrige Fahrbahn gespannt. Hinter einem Steinhaufen am Straßenrand hörte ich ein Kichern. “Na warte”, sagte ich und sprang auf. Ich packte nach dem Jungen. Er war schneller und lief in einen Hinterhof.
[Fortsetzung kommt]
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